Bald ist Halloween und auch in Deutschland steht schon die nächste Faschingsfeierei an. Und wie jedes Jahr fragen wir uns, das feierwütige Volk, als was wir uns denn nun verkleiden wollen.
Zu den Lieblingskostpmen gehört seit Ewigkeiten – mein alljährlicher Streifzug durch die Kostümabteilungen bestätigt es – zweifelsfrei das Modell „Indianer“.
Hat man sich entschieden, packt man die Kluft in die Einkaufstüte, stapft nach Hause und ist froh. Der Traum vom „schon immer mal Indianer/in sein“ rückt in nächste Nähe. „Diese edlen Wilden…lebten im Einklang mit der Natur. Hach ja …!“ denkt man und sieht sich auf einem edlen Pferd in den Sonnenuntergang hineinreiten.
Stereotype Darstellung der kulturellen Identität
Was wir in all unseren Verkleidungs-, Schmückungs- und Verklärungswahn nicht bemerken: Viele „Native Americans“ sind darüber so gar nicht erfreut. Eigentlich sind sie ziemlich wütend.
Eine vehemente Bekämpferin ist Adrienne K. Auf ihrem Blog „Native Appropriations“ schreibt sie seit Jahren gegen diese „kulturelle Aneignung“ ihrer Kultur an.
Eines ihrer Steckenpferde ist: Adrienne K. kritisiert das Tragen des „Indianerschmucks“. In offenen Briefen prangert sie jene Promis und Fashionistas an, die sich mal wieder mit fremden Federn schmückten und dadurch (unbewusst) stereotype Bilder von „wilden“, „exotischen“ und „sexy“ Indianer/innen transportieren.
Aus der Ethnologie
Dass Dinge eine Art „soziales Leben“ haben, erklärt der Ethnologe Karl Heinz Kohl in seinem Einführungswerk „Ethnologie – die Wissenschaft vom kulturell Fremden“ – übrigens ein Themen- und Forschungsschwerpunkt in der Museumsethnologie.
Zwar sind Objekte nicht belebt, aber sie sind mit Bedeutungen aufgeladen:
„Wie die Menschen haben unter den Bedingungen der Globalisierung auch die Dinge zu wandern begonnen. Welchen Wert- und Bedeutungstransformationen sie im Zuge ihrer Aneignungen durch einzelne Kulturen unterliegen, ist zum Gegenstand zahlreicher neuer Untersuchungen geworden. Beim Überschreiten kultureller Grenzen werden sie von Gebrauchs- zu Tauschgegenständen, von Gaben zu Waren, von Werkzeugen zu Prestigegütern und von heiligen Dingen zum bloßen Wohnzimmerdekor. Je nachdem, welchen Weg sie einschlagen, können sie sich in dem einen Fall in wertvolle Luxusobjekte, im anderen Fall aber in wertlosen Müll verwandeln.“ (Karl-Heinz Kohl: 2012)
Der Federschmuck ist in indigenen nordamerikanischen Gesellschaften Teil eines religiösen Gewands. Viele Native Americans empfinden es als Entweihung ihrer als sakral verstandenen Objekte.
„Wir sind keine Kostüme!“
Bevor wir uns also in die nächste Halloween- oder Faschingsabteilung begeben und uns „mit fremden Federn“ schmücken, sollten wir uns bitte überlegen, ob wir mit unserer „Verkleidung“ bestimmte Menschengruppen stereotypisieren und sie rassistisch beleidigen.
Adrienne K. erklärt auch, warum es nicht so geschickt ist, sich als „Indianer_in“ zu verkleiden:
„Native peoples are a contemporary, LIVING group of people, not a costume. Seriously. Stop putting us in the same category as wizards and clowns. Don’t believe me? come to a Native event dressed like that, and see how many friends you make! Fun for everyone!“
An alle, die nun empört auf die Barrikaden gehen mit Einwänden wie: „Das geht doch zu weit!“ und „Ich beleidige doch niemanden damit!“ oder „Mir doch egal. Ich trage, was ich will!“ sei gesagt:
Es ist immer schlauer, sich anzuhören, wie die Betroffenen darüber denken und zu versuchen, sich in ihre Situation hineinzuversetzen. Und dabei die historische Dimension und die Rolle der „Weißen“ darin nicht zu bagatellisieren.
Denn schließlich sind es diese Native People, auf deren Kosten ihr euch vergnügt. Ihr habt nicht das Recht, zu sagen, was sie als „Beleidigung“ auffassen sollen und was nicht.
In diesem Sinne: Seid sensibilisiert und Happy Halloween!
Nähere Informationen zu dem Thema könnt ihr bei Adrienne K. Nachlesen. Hierzu der Link.