Vom 30.09. bis 03.10 fand in Marburg die 36. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde statt.
Insgesamt drei Tage lang gab es Vorträge, Workshops, Diskussionsrunden und Panels zum Thema „Krisen. Re-Formationen von Leben, Macht und Welt“. Viele kluge Köpfe, die Kluges zu sagen haben. Viel zum Anhören und zum Darüber-Diskutieren. FALLS Zeit übrig bleibt. Aber ja: ZEIT gab es nie genug. Doch der Reihe nach.
DER ERÖFFNUNGSEMPFANG
Die Eröffnung der Tagung fand in der imposanten Alten Aula statt. Nachdem jeder Platz genommen hatte, nicht ohne vorher mit staunenden Blicken die großen Gemälde an den Wänden begutachtet zu haben, ging es mit Begrüßungsreden los.
Markus Schroer, Dekan des Fachbereichs der Gesellschaftswissenschaften und Philosophie an der Universität Marburg führte in das diesjährige Tagungsthema – „KRISEN“ – ein.
Er fragte sich, was ein Ereignis zur Krise macht und bemerkt, dass Krisen eigentlich immer mit Aufmerksamkeit zu tun haben, dass sie also erst dann wahrgenommen werden, wenn sie als solche angeboten werden. In der Forschung würden jedoch Krisen, bzw. deren Folgen, zu wenig analysiert. Eine Langzeitbeobachtung von „Krisenkarrieren“ sei notwendig, denn dann, so Schroer, könnte man erklären, ob Krisen sich ankündigen oder ob man sie abwenden kann.
Franz Kahle, Bürgermeister von Marburg entführte die Zuhörer in die Geschichte Marburgs, selbstverständlich nicht ohne auf die spezifisch „krisenhafte“ historische Ereignisse der Universitätsstadt Bezug zu nehmen.
„60 Professuren, 400 Mittelbauler, mehrere tausend Studierende – Ethnologie ist in Deutschland nicht in der Krise“ sagt Prof Lentz #dgv2015
— Judith Beyer (@JudithBeyer) 30. September 2015
Carola Lentz, Professorin und bis zu diesem Jahr Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde, konstatierte mit Blick auf den bevorstehenden Feiertag (Tag der Deutschen Einheit), dass unser Fach zu den „Wiedervereinigungsgewinnlern“ gehört: Viele neue Institute entstanden nach der Wende. Mit 19 Universitäten, 60 Professorenstellen, und jährlich mehreren Tausend Studierenden sei unser Fach „keinesfalls in einer Krise“. Anschließend begrüßte Ernst Halbmayer, Professor vom Institut des Fachgebiets Kultur- und Sozialanthropologie das Publikum. Sein Institut war für die Organisation der Tagung zuständig und durfte dieses Jahr 420 Teilnehmer begrüßen, sagt er.
DAS PROGRAMM oder auch: DIE QUAL DER WAHL
Schon am Mittwoch um die Mittagszeit ging das Kopfzerbrechen los: Wohin soll’s gehen? Ich meine nur, schaut euch das an: Insgesamt über 54 Workshops standen zur Auswahl, selbstverständlich zur gleichen Zeit. Daneben Panels, AG-Treffen, Mittagstischrunden. Kaum Zeit zu verschnaufen, kaum Zeit, eigene Gedanken zu sammeln. Und kaum Zeit, zu netzwerken. Aufgrund meiner nicht vorhandenen Klonfähigkeiten musste ich mich also wohl oder übel entscheiden.
WORKSHOPS, DIE ICH BESUCHT HABE
Es folgen kurze, fragmentierte (und ganz sicher subjektiv gefärbte) Einblicke in die Themen-Vielfalt der sich mit Krisen befassenden Ethnolog_innen.
DINGE, DIE PROVOZIEREN; DINGE, DIE VERMITTELN. ZUR ROLLE MATERIELLER KULTUR IN DER ENTSTEHUNG UND ÜBERWINDUNG VON KRISEN
INHALT: In diesem Workshop standen materielle Dinge im Zentrum sowie die Frage, welche Rolle sie in Zeiten von Krisen spielen. In der Beschreibung des Workshops heißt es: Gesellschaftliche Krisen lassen sich anhand umstrittener Bewertungen von Objekten beschreiben. Dabei kann es um symbolische Objekte gehen wie die US-amerikanische Flagge, die öffentlich verbrannt wird Oder es handelt sich um alltägliche Dinge, wie Kleidungsformen (Jeans, das muslimische Kopftuch) oder Handys beziehungsweise die Debatten um deren angemessene Nutzung (etwa an Schulen). Referenten befassten sich mit Fragen wie:
- Wie schaffen es Objekte, diesen „krisenhaften“ Status zu erlangen?
- Wie ist es möglich, dass Objekte Krisen entgegenwirken oder zu deren Überwindung beitragen
Vortrag über die „Dinge und Orte des #AungSan“ erledigt. Nun die Kür. #dgv2015 #myanmar — Felix Girke (@felixgirke) 30. September 2015
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FELIX GIRKE: Dinge und Orte des General Aung San. Ein Freiheitsheld und die Problematik seiner materiellen Repräsentation
Felix GIRKE befasste sich mit Aung San, dieser gilt als zentrale Figur der burmesischen Unabhängigkeit und als Vater der Armee Myanmars. Sein früher und gewaltsamer Tod hat ihm den Status des Unabhänigkeitskämpfers eingebracht – er wurde am 19. Juli 1947 ermordert. Seitdem wird an diesem Tag seiner gedacht.
Die Person Aung San gilt heute als Projektionsfläche – doch steht er mittlerweile, so Girke, für ganz viele unterschiedliche Dinge.
Für die Menschen heute repräsentiert er „Freiheit, Unabhängigkeit, Mut, Integrität“ sagte Girke in einem Interview. Dass auch er keine reine Weste hatte, wird von den Menschen (gern) übersehen (Girke: „In some ways he has become an empty symbol. The fact that he was a socialist, for instance, is not something people talk about these days“, Quelle).
Sein Portrait wird auch heute noch bei Demonstrationen, wie etwa während der Wahlen 2015, getragen. In diesem Zusammenhang gilt es als Zeichen für Protest und Krise.
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MARKUS H. LINDNER: Von den „aussterbenden“ Indianern bis zum Supermodel. Krisen des indigenen Nordamerika im Spiegel der Federhaube
Markus LINDNER erforschte, welche Bedeutung die Federhaube der nordamerikanischen Plains-Stämme im Laufe der Jahrhunderte hatte – und welche sie heute hat.
Denn ein Blick in die heutige Gesellschaft Nordamerikas zeigt: so eine Federhaube zu tragen kann ganz schön hässlich werden. Denn sobald dies geschieht, erheben die Mitglieder der sogenannten „First Nations“ lautstark ihre Stimmen und protestieren dagegen.
Ihre Argumentation: Die Federhaube sei eine Häuptlinginsignie. Sie wurde früher nur bestimmen Menschen (eigentlich: Männern) zu bestimmten Ereignissen verliehen – etwa für besondere Kriegsleistungen. Von daher begehe jeder, der sich anmaßt, die Federhaube „aus Jux und Dollerei“ anzuziehen oder weil es „Fashion“ ist – einen kulturellen Genozid, und solle sich der Federhaube sofort entledigen. Und sich bei ihnen entschuldigen.
Sehr interessant fand ich, dass die „Indianer-“Federhaube ursprünglich wohl keineswegs ein Kulturgut aller nordamerikanischen Indianer-Gesellschaften war, sondern erst im Laufe der Jahrzehnte dazu hochstillisiert wurde. Und zwar von uns „weißen“ sozusagen. Etwa von George Catlin (1796-1872). Der US-amerikanische Maler portraitierte – fasziniert von den „edlen Wilden“ – mehrere Hundert Indianer. Dabei stellte er sie immer wieder mit Federhauben dar.
Durch seine Bilder hatte er, so Lindner, maßgeblich zum Stereotyp des Federhaube-tragenden Indianers beigetragen. Und spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts war die Federhaube von Indianern nicht mehr wegzudenken. Auch unter Angehörigen anderer indianischer Gesellschaften selbst verbreitete sich das Selbstverständnis, die Federhaube gehöre zu „ihrer indianischen Kultur“ (was die historischen Studien allerdings nicht beweisen).
Fazit: War die Federhaube damals ein Symbol für „echte Indianer“, ist sie in der heutigen nordamerikanischen Gesellschaft Gegenstand hitziger Diskussionen zwischen den Akteuren der „First Nations“ und den Akteuren der Mehrheitsgesellschaft („Kolonisierenden“).
Insbesondere euroamerikanische Stars und die sogenannten „Halloween Indianer“ stecken dafür Kritik ein, wenn sie diesen „Indianerschmuck“ in der Öffentlichkeit tragen. Für die indianischen Medien steht die Federhaube, so Lindner, als Symbol der Unterdrückung.
Für Lindner sind diese Auseinandersetzungen zwischen Indigenen und Nicht-Indigenen ein Zeichen für Emanzipation der indigenen Minderheit gegenüber der Mehrheitsgesellschaft.
BILDUNG IN DER KRISE?! ETHNOLOGIE ALS GRUNDLAGE DER INTERKULTURELLEN KOMPETENZ
INHALT: Unterkulturelle Kompetenz gilt als ein Schlüsselwort in der heutigen multikulturellen Gesellschaft – ob in der Schule, im Alltag oder auf der Arbeit. Vom Lehrpersonal wird gefordert, Schüler in den Ausbildungsbetrieb zu integrieren. Das Verständnis vom kulturellen Hintergrund verschiedener Akteure und wie dieser sich auf unterschiedliche Denk- und Handlungsweisen auswirken kann, bleibt aber marginal.
In diesem Workshop ging es um Fragen wie:
- Auf welcher Basis kann eine Einbeziehung ethnologischen Wissens in den Bildungsbereich gelingen?
- Welche Projekte laufen bereits, und welche Erkenntnisse konnten aus ihnen gewonnen werden?
- Welche Denkansätze müssen berücksichtigt werden, um ethnologisches Wissen fundiert in den Bildungsbereich zu verankern?
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Verena SCHNEEWEIß: Multi-, Inter-, Transkulturell?! Ansätze für eine kultursensible Bildungsarbeit
Im Vortrag stellte Verena SCHNEEWEIß ihren Ansatz in der Bildungsarbeit vor, nach dem sie selbst arbeitet.
Ein Ansatzpunkt ist, mit einem dynamischen Kulturbegriff zu arbeiten: Man solle betonen, dass Menschen keine „kulturelle Automaten“ sind, sondern strategische Akteure, die sich immer wieder anders verhalten, als man von ihnen erwartet. Man solle keine kulturellen Unterschiede betonen und vorhandene nationalkulturelle Stereotype dekonstruieren.
Ein weiterer Ansatzpunkt ist, den Perspektivenwechsel zu üben: So soll man lernen, eigene Sichtweisen zu relativieren, auf Komplexität von gesellschaftlichen Phänomenen hinweisen, allgemeine Sozialkompetenzen trainieren und kulturelles Metawissen vermitteln.
Auch plädiert Schneeweiß für eine Synthese von antirassistischer und interkultureller Bildungsarbeit.
(Achtung, es folgt ein kurzer, emotional angereicherter Exkurs.)
Gott, hab ich diesen Workshop genossen! Den Grund dafür verrate ich gerne: Es war nicht nur der Inhalt des Vortrags, den ich übrigens super interessant fand, denn es geht um genau das, wonach ich suche – nämlich nach Tätigkeitsfeldern, in denen Ethnologische Fachexpertise mehr denn je gebraucht wird. Nämlich in der Bildungsarbeit!
Nein, der andere Grund ist noch großartiger: wir hatten nämlich ZEIT. Zeit für Fragen und für Gespräche. OK, Zeit hatten wir zwar nur deshalb, weil von den ursprünglichen drei Rednern zwei kurzfristig abgesagt hatten. Diese Zeit haben die Teilnehmer des Workshops aber wirklich super genutzt, um in aller Ruhe in der Runde miteinander über den Vortrag, aber auch über eigene Erfahrungen in der Bildungsarbeit zu reden. Denn viele der Teilnehmenden waren selbst in der Bildungsarbeit tätig. Ich hätte mir das bei vielen anderen Workshops (in denen ich jetzt war) ebenfalls gewünscht. (Aber dort waren die Redner erschienen, fast vollständig 😉
ANGEWANDTE ETHNOLOGIE IN KRISEN
INHALT: Die aktuellen weltweiten Krisen stellen die Ethnologie vor neue Herausforderungen. Ethnologie wird zunehmend gefragt, was sie praktisch zum Umgang mit politischen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Krisen beizutragen hat. Gab es früher die akademisch-theoretische Ethnologie und ethnologische Praxis, so formiert sich derzeit ein dritter Bereich: anwendungsorientierte Ethnologie (auch: praktische Ethnologie, Applied Anthropology).
In diesem Workshop ging es um Fragen wie:
- Wie kann die Kooperation von akademisch tätigen und praktizierenden Ethnologen aussehen?
- Welche Relevanz hat die Ethnologie als kritische Wissenschaft für den praktischen Umgang mit Krisenszenarien?
- Welche wissenschaftlichen Inputs benötigt die Praxis und wie können Erfahrungen aus der Praxis sich auswirken auf Theoriebildung, Entwicklung neuer Methoden und Lehre der Ethnologie?
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FRANK MÜLLER: Können Ethnolog_innen die Polizei bereiten?
Frank MÜLLER referierte zum Thema Interkulturelles Training bei der Polizei. Dass die Polizei Rassismusvorwürfen ausgesetzt ist, ist angesichts zahlreicher Fälle von „Racial Profiling“ hinreichend bekannt. Auch in der Polizeiarbeit sei man sich des Rassismus von Seiten der Polizeibeamten, so Müller, (mittlerweile) bewusst und man versuche, diesem Herr zu werden – etwa durch interkulturelle Trainings.
Allerdings wurde die deutsche Polizeikultur bisher überwiegend von Soziologen erforscht, so Müller. Und diese verwenden einen statischen Kulturbergriff. Und dieser ist recht problematisch.
Hier könnte die Ethnologie ansetzen, findet Müller. Man könnte Trainings konzipieren, in der Ethnologen ihre Expertise einfließen lassen, etwa zu Flucht und Migration und deren Ursachen und Auswirkungen auf einzelne Akteure. Schließlich liegt der Grund dafür, dass Menschen kriminell werden, nicht in ihrer Hautfarbe, vielmehr sind es andere Faktoren wie das Familienumfeld, das soziale Milieu, etc. Auch können Ethnologen auf ihr spezifisches Wissen zu Kulturen aus den Krisenregionen zurückgreifen.
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THOMAS STODULKA: Leidenschaft, die Wissen schafft
In seinem Vortrag stellte Thomas STODULKA die Empathie und Emotionen als Basis und Kern ethnologischen Wissens vor.
Er sagte, noch immer werde „emotionale Involviertheit“ während der Forschungsarbeit so angesehen, als würde diese die Glaubwürdigkeit des Forschenden bedrohen. Werden eigene Gefühle in einer Forschung sichtbar, dann gelte das immer noch als amateurhaft.
Und dies sei fatal. Denn schließlich erlebt der Forschende im Laufe seiner Forschungsarbeit viele unterschiedliche, und unterschiedlich intensive, Emotionen. Man stelle sich nur vor: er reist in ein ihm fremdes Land, ist allein, trifft auf Menschen und Situationen, die er nicht kennt oder nur vom Hören-Sagen-Lesen, muss eine gemeinsame Sprache finden, muss darüber hinaus sein Forschungsziel nicht aus den Augen verlieren, muss also mit Emotionen unterschiedlichster Art – Zweifel, Ängste, Hoffnungen, Unwissenheiten, Unsicherheiten, Freude – zurecht kommen.
Ein Verschleiern dieser „Forscher-Emotionen“ würde die ethnographischen Erlebnisse schlichtweg verzerren. Er findet es daher sinnvoller, Emotionen in den Forschungsprozess mit einzubeziehen. Ganz praktisch bedeutet es: Er rät den Forschenden, während ihrer Forschungsphase zwei Tagebücher zu führen – ein Feldtagebuch und ein Emotionstagebuch – und beide beim Zusammentragen und Auswerten mit einzubeziehen.
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In der Abschlussdiskussion hat Thomas BIERSCHENK, der als Diskutant in dieser Runde fungierte, noch weitere interessante Aspekte genannt.
Zunächst konstatiert er nochmal die Fakten: es gibt eine akademische und eine nicht akademische (außerakademische) Ethnologie.
In der ersten Ethnologie wird Theorie produziert. Diese wird von der praktisch arbeitenden Ethnologie (ich bleibe mal abstrakt) angewandt. Historisch gesehen hat die praktische Ethnologie die akademische Ethnologie modernisiert, galt als „Avant Garde“.
Die Frage, die sich nun stellt, ist: Produziert auch die außerakademische Ethnologie etwas, was der akademischen Ethnologie nützlich sein könnte?
Denn Fakt ist: die akademischen Ethnologen kennen die Praxis außerhalb der Universitäten nicht. Hier haben die praktischen Ethnologen die Nase vorn. Sie sind an den Themen sehr viel näher dran.
PANEL: EINE DISKUSSION UM AUFMERKSAMKEITSÖKONOMIE UND EXPERTENTUM
Mein persönliches Highlight war die Diskussionsrunde zum Thema Ethnologie in der Öffentlichkeit am Donnerstag Abend.
Anthropologists discussing media presence of anthro topics. S. Schroeter: Just reach out! #dgv2015 pic.twitter.com/cI8uu2dWRF
— Dorle Dracklé (@ddrackle) 1. Oktober 2015
Zu dem Thema gab es immer wieder Diskussionen an früheren Tagungen, wie ich verschiedener Literatur entnehmen konnte. Daher war ich umso gespannter darauf, was Neues zu hören.
An der Diskussionsrunde diesmal beteiligt waren:
- Marie-Kristine Werner, Rundfunkmoderatorin beim SWR 2. In ihren Sendungen greift sie regelmäßig ethnologische Themen auf und hat hierzu mehrfach ethnologische Expertise genutzt.
- Susanne Schröter, Professorin für Ethnologie in Frankfurt a.M. Zu ihren Schwerpunkten gehört Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen und Islamwissenschaften. Das aktuelle öffentliche Interesse am Islamismus nutzt sie, um differenzierte Positionen dazu in den Medien darzustellen.
- Gilles Reckinger, Professor für Europäische Ethnologie an der Universität Innsbruck. Er forscht zu Flucht und Migration und ist Autor des in den Medien breit diskutierten Buches „Lampesuda – Begegnungen am Rande Europas.
- Matthias Krings, Professor für Ethnologie und populäre Kultur Afrikas an der Universität Mainz. Er beteiligte sich vor einiger Zeit an einer eskalierenden Diskussion in den Medien und sozialen Netzwerken um das als rassistisch empfundene Firmenlogo einer Mainzer Dachdeckerfamilie.
- Hansjörg Dilger, Professor für Sozial- und Kulturanthropologie an der Freien Universität Berlin. Er ist Leiter der Arbeitsstelle Medical Anthropology und Co-Moderator des Blogs „Medizinethnologie“.
ORGANISATORISCHES: AND THE VORSTAND GOES TO… BERLIN !!!
Da der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde alle zwei Jahre wechselt und es dieses Jahr soweit war, kommt der neue Vorstand aus Berlin und sieht wie folgt aus:
Erster Vorsitzender: Prof. Dr. Hansjörg Dilger
Stellvertretender Vorsitzender: Prof. Dr. Birgitt Röttger-Rössler
Schatzmeister: Prof. Dr. Olaf Zenker
Das bedeutet auch: Die nächste DGV-Tagung (im Jahr 2017) findet ebenfalls in Berlin statt.
KAFFEPAUSEN – DAS A UND O BEIM NETZWERKEN AUF TAGUNGEN
Kaffepausen. Diese wurden intensiv genutzt. Um Freunde zu treffen. Um Fremde kennen zu lernen. Um Visitenkarten auszutauschen. Um mit twitternden Ethnolog_innen im RL zu reden. Um in den Büchern, die dort angeboten wurden, zu stöbern. Oder um einfach ein wenig frische Luft zu schnaufen.
FAZIT:
ICH GLAUB ICH KRIEG‘ NE KRISE !!!
KRITIKPUNKT 1: ZU WENIG ZEIT FÜR DISKUSSION
Zeit ist Mangelware. Immer und überall. Heute sowieso.
Und auch bei dieser Tagung.
Es fing ja schon damit an, dass ich mich durch 128 Seiten des Tagungsprogramms durcharbeiten musste. Nur um mich anschließend zu ärgern, dass man sich nicht klonen kann. Viele der angebotenen Workshops und Vorträge klangen so gut! Aber nicht zu schaffen.
Nur, damit ihr eine kleine Vorstellung habt, was ich meine:
Am Donnerstag fanden 14 Workshops statt – alle zur gleichen Zeit.
Pro Workshopeinheit à 90 Minuten gab es ca. 4 Kurzvorträge à 20 Minuten zu halten.
Dabei wurden die Referenten angehalten, ja nicht die Redezeit zu überschreiten.
Was den wenigsten gelang.
Somit blieb kaum Zeit, über die Vorträge zu diskutieren.
Was sehr schade war.
KRITIKPUNKT 2: WAS HAT DAS BITTE MIT „KRISEN“ ZU TUN
Zugegeben, bei manchen Workshopthemem oder Vorträgen war ich irritiert. Und hatte bei so manchem Vortrag das Gefühl, dass so mancher Bezug zwischen Thema des Vortragenden und Thema der Tagung („Krise“) ziemlich zurecht konstruiert, um nicht zu sagen, an den Haaren herbeigezogen (?) war. Nicht alles leuchtete mir als „krisenbehaftet“ und „krisenrelevant“ und daher referierungswürdig ein. Diesen Eindruck teilte ich übrigens nicht alleine, wie ich in dem einen oder anderen Kaffeepausenplausch heraushörte.
KRISE IST ABER AUCH: EINE CHANCE
VORSCHLAG: WENIGER IST MEHR
Als eine an der Peripherie zwischen der Welt der Wissenschaft und Welt der Öffentlichkeit Wandernde fand ich die Themenvielfalt einerseits überwältigend interessant, aber auch erdrückend viel.
Ich kehrte heim mit dem Gefühl, erneut ein komplettes Ethnologiestudium durchlaufen zu haben. Nur eben im Affentempo 😀
Mehr Raum für Gespräche – auch in den Seminaren und nicht nur in den Kaffeepausen – hätte allen Teilnehmenden, den Rednern wie den Teilnehmern gut getan. Diesen Eindruck hatte ich zumindest.
Nichtsdestotrotz: Mich persönlich hat die Tagung sehr bereichert, beflügelt, mit neuen Ideen ausgestattet (oder bereits vorhandene Ideen konkretisiert), mir neue Freundschaften und Kontakte gebracht. Und mich zurecht darin bestärkt, dass Ethnologie auf gar keinen Fall ein Fall für den Elfenbeinturm ist. Also reingehen, studieren – und dann raus aus dem Turm und die (Er-)Kenntnisse mit der Welt teilen!
MARBURG-IMPRESSIONEN