Für die Rubrik „Ein schönes Paar“ im Wiesbadener Stadtmagazin SENSOR durfte ich Lina Siri und Christian Mappala interviewen. Die beiden finden, die wertvollste, Ressource, die Unternehmen haben, sind ihre Mitarbeiter. Und genau dafür sensibilisieren sie ihre Kunden in ihrer Beratungsagentur „third culture movement“.
Über kulturbedingte Fettnäpfchen und zwischenmenschliche Kommunikationsmissverständnisse können Lina Siri und Christian Mappala nur lächeln, schließlich sind sie seit knapp drei Jahren Geschäftsführer einer interkulturellen Beratungsorganisation. Viele Unternehmen sind sich nicht bewusst, dass die wertvollste Ressource die ganze Zeit vor ihren Augen liegt, finden die beiden. Sie meinen die Mitarbeiter selbst mit ihren vielfältigen Lebensläufen und individuellen Persönlichkeiten. „Insbesondere Menschen mit mehrkulturellen Prägungen besitzen Potentiale, die oftmals nicht erkannt werden, sagt Christian und ergänzt: „Häufig sogar nicht einmal von den Mitarbeitern selbst.“
Der mehrkulturelle Fokus
„Als wir uns zum ersten Mal im Herbst 2013 trafen, hatte ich gerade meine Ausbildung zum systemischen Coach und Berater abgeschlossen“, erzählt Christian. „In der Zeit habe ich intensiv mit Menschen gearbeitet, die mehrkulturell geprägt waren.“ Ihn beschäftigten die Fragen, wie sie zum Beispiel mit Konflikten umgingen, die aufgrund verschiedener kultureller Werte aus der eigenen Herkunftskultur und der Umgebungskultur entstanden, welche Bewältigungsstrategien sie anwendeten. „Und Lina hatte zur der Zeit ein Buch über sogenannte „Third Culture Kids“ gelesen – so werden Kinder bezeichnet, die früh ihre „Herkunftskultur“ verlassen mussten und in einer anderen aufwuchsen“, erzählt Christian.
„Aufgrund meiner Erzählungen konnte sie sofort mit dem Begriff etwas anfangen“, erinnert sich der 49-jährige. Das war die Geburtsstunde von „third culture movement“. Im Januar 2014 ging die Webseite online.
Heute ist die Angebotspalette an Dienstleistungen so bunt wie das Agentur-Logo selbst: Von Seminaren zu interkultureller Sensibilisierung und Teamentwicklung über Diversitymanagement bis hin zu Einzelcoachings ist alles dabei, was Vielfalt als Ressource und Chance begreift. Neu in diesem Jahr ist das Seminar mit der schönen Überschrift „Empowerment“. Es richtet sich an jene, die sich in einem mehrkulturellen Umfeld bewegen und sich ehrenamtlich oder zivilgesellschaftlich wie etwa in der Flüchtlingshilfe, engagieren möchten.
„Wir ergänzen uns ganz gut, denn jeder bringt Erfahrungen aus seinem bisherigen Berufen mit“, findet Lina. In Wiesbaden aufgewachsen und mit chinesischen Wurzeln, wusste die 35-Jährige schon während ihres Studiums, dass sie „etwas mit Kulturen“ machen wollte. Sie studierte Chinesisch in Taiwan und Sinologie, Psychologie und Rechtswissenschaften in Frankfurt. Während ihres Studiums begann sie, im Fremdenverkehrsamt für China zu arbeiten. Der Kontakt mit vielen verschiedenen Kulturen und die Möglichkeit, Menschen interkulturell zu beraten und „Brücken“ zu bauen, das fand sie „ganz ok“, fürs Erste. Dann wechselte sie zu einer interkulturellen Unternehmensberatung. „Dort kam ich meiner beruflichen Wunschvorstellung schon einen Schritt näher“, sagt sie. In der Zeit machte sie auch eine Zusatzausbildung zur interkulturellen Trainerin.
Über die Stereotype hinaus
Für sie hat diese Form der interkulturellen Arbeit noch zu sehr „an der Oberfläche gekratzt“, wie sie sagt. „Man ging in die Unternehmen und sollte den Mitarbeitern erklären: wie „ticken“ die Leute in China?“ Und schon habe man wieder Stereotype kreiert. „So wollte ich nicht arbeiten“, erinnert sie sich. Und dann traf sie auf Christian. „Zum Glück“, sagt sie und lacht. Christian, ein in Mainz geborener Wiesbadener, verschlug es nach dem Theologie-Studium zunächst zur Lufthansa. Dort war er viele Jahre als Trainer und Prozessbegleiter tätig und arbeitete im Bereich der Mitarbeiterqualifizierung und Persönlichkeitsentwicklung tätig. Dieser Tätigkeit sei es zu verdanken, dass er sehr viele berufliche wie private Erfahrungen auf fast allen Kontinenten dieser Welt sammeln konnte.
Dass aus der Geschäftsbeziehung mehr werden würde, hatten sie anfangs nicht geahnt. Ein gemeinsamer Bekannter spielte unbewusst den Kuppler. Er riet den beiden, sich zu treffen. „Lina schrieb mir daraufhin eine e-Mail, „zwecks beruflicher Zusammenarbeit“, erinnert sich Christian. „Anfangs haben wir uns nur als Kollegen sehr gut verstanden“, erinnert sich Lina, die eigentlich nicht so gern über Privates spricht. Irgendwann wurden die Feierabende länger. Und eines abends fanden sich beide „tanzend in einer Bar, in der die Musik eigentlich gar nicht tanzbar ist“, wie Lina lachend bemerkt. „Seitdem waren wir aber auch nie wieder dort tanzen!“, beeilt sich Christian zu erwähnen. Was als eine harmonische berufliche Zusammenarbeit begann, mündete letzten September in einem gemeinsamen „Ja!“-Wort in einem charmanten Lokal auf der Maaraue. Fettnäpfchen, Missverständnisse in der Ehe? „Spontan kann ich mich an keine erinnern“, sagt Lina und fügt schmunzelnd hinzu: „Kommunikation ist das wichtigste“ und muss selbst lachen, dass es ausgerechnet von ihr kommt. „Schließlich bin ich von uns diejenige, die eher diskret ist.“
Doch genau das sei für zwischenmenschliches Verstehen essentiell, findet auch Christian. Die Kommunikation. „Manchmal kommen Pädagogen auf uns zu und fragen: Die türkischen Kinder feiern keine Geburtstage. Warum nicht?“ Dann sagen wir ihnen: Keine Ahnung. Fragt sie und ihre Eltern doch.“ „Das Individuum hat viele verschiedene Einflüsse, sagt Christian, „aber eigentlich steht da ein Mensch vor dir, mit dem man reden kann.“